Peter EudenbachPeter Eudenbach
Ausstellungen 2009

Peter Eudenbach

Peter Eudenbach
Peter Eudenbach, Torch

17. Oktober bis 27. Dezember 2009

 

Einführung in die Ausstellung: Markus Weckesser

"Everything from ipods to billboard size screens have become a ubiquitous part of our surroundings. With video now less likely to be viewed within designated spaces or times, the medium´s communicative possibilities are being redefined. Today there is no need for drama or even narrative in moving images. Perhaps those early films by Thomas Edison, of kisses and sneezes, are more relevant today than they were at the turn of the last century. They are one inspiration for my videos, which occupy a zone between discrete sequences and moving photographs. I think of them as vignettes or isolated scenarios with an emphasis on cause and effect. In this way I believe that video can be more like dance, music, or poetry - taking place in time while existing on its own terms." Peter Eudenbach 2008

In der künstlerischen Arbeit Peter Eudenbachs spiegelt sich sein Interesse sowohl am Funktionalen wie am Absurden. Die Stücke, die er schafft, sind Katalysatoren für neue Ideen und tastbare Verkörperungen von Intuition. In letzter Zeit arbeitete er mit gefundenen Orten und Räumen und gewann Poesie aus ihrer Geschichte und ihrem örtlichen Sinnzusammenhang. Für Neuenhaus schuf er die „Vogeluhr“ an der Fassade des Kunstvereins. Seine aktuellen Projekte umfassen Multiples, kurze Videos und eine laufende Serie von „ortsspezifischen Fotografien“, wie er sie bezeichnet.
Seine Videos nehmen einen bestimmten Raum zwischen herausgefilterten Sequenzen und sich bewegenden Fotografien ein. Sie sind Vignetten oder isolierte, für sich selbst stehende Szenarien mit der Betonung auf Ursache und Wirkung. Dadurch kann ein Video ­wie Tanz, Musik oder Poesie wirken, da es sich ebenfalls in der Zeit abspielt, gleichzeitig aber auch für sich und aus sich selbst heraus existiert.
Peter Eudenbach zeigte im Kunstverein Videos und Objekte. Seine absud-surrealen Arbeiten sind immer auch voller Humor. Von amerikanischer Seite wurde das Projekt von der Old Dominion University in Norfolk, Virginia, gefördert, an der Eudenbach als „Assistant Professor of Sculpture and Video“ tätig ist.

"Phantasievoll und originell, ironisch bis absurd, unterhaltsam, aber dennoch mit inhaltlichem Tiefgang, analytischer Schärfe und ästhetischer Präzision kommt er daher, der amerikanische Künstler Peter Eudenbach. Typisch amerikanisch, möchte man sogar meinen, schaut man auf die erfrischend unbekümmerte und ehrfurchtslose Art und Weise, die der Künstler im Umgang mit den trivialen Materialen des Alltäglichen an den Tag legt und sie zur Kunst erhöht.
Der Kunstverein lädt damit in eine jener selten gewordenen Ausstellungen ein, die der zeitgenössischen Kunst bei aller selbstverordneten Schwere intellektueller und konzeptioneller Bedeutsamkeit auch das oftmals misstrauisch beäugte Erlebnis schlichtweg guter Unterhaltung zurück gibt.
Was Eudenbach in die Hand nimmt und zum Transporteur oder Inhalt künstlerischer Befragung und unkonventioneller Betrachtung macht, ist dem Ausstellungsbesucher aus seinem eigenen Lebensalltag vollends vertraut. Ob Bodenreiniger oder Jagdtrophäe, Standuhr oder Rattenfalle: Peter Eudenbach bedient sich bei den vielfältigen Materialien seiner Werke des großen Alltagsfundus, bringt ihn in einen neuen, wesens- und sinnfremden Kontext und setzt seine oftmals ungeahnten ästhetischen Potenziale frei. Da wählt ein Künstler aus einer tradiert „demokratischen“ amerikanischen Kunst- und Kulturhaltung für seine Botschaften nicht den Weg komplexer und nur schwer zu entschlüsselnder bildnerischer Verklausulierungen, sondern bringt sie über das Objekt an sich direkt und unmissverständlich ans Publikum. Das unbekümmerte Spiel mit den vorgefundenen Gegenständen und Räumen des Alltags, ihre ästhetisch zugewiesenen neuen Aufgaben und die Allegorien des Absurden oder Tiefgründigen lösen beim Betrachter nicht nur Erheiterung und gute Unterhaltung, sondern auch neue Sichtweisen auf die Welt, Nachdenklichkeit, spannende Fragen und Assoziationen aus.
„Objet trouvé“ oder „Ready-mades“ nennt man jene Kunstwerke, die aus vorgefundenen Alltagsgegenständen – oder sogar Abfällen – hergestellt werden. Der Transfer banaler Materialien in neue Sinnzusammenhänge und ihre Erhöhung zum Kunstwerk hatte bereits in Surrealismus oder Dada spielerische, anarchische und provokante Züge – auch Eudenbachs Objekte und Räume sind ... von dieser wunderbaren Aura umgeben.
In dem Objekt Torch (Fackel) von 2006 hat Eudenbach die Birne einer Taschenlampe hinter dem Glas durch eine Kerze ersetzt; wobei der schwarze Docht darauf schließen lässt, dass diese Taschenlampe tatsächlich einmal brannte. Nur wie hat die Kerze in der Lampe jemals gebrannt? Mit Odocoileus Virginanus (Rotwild in Virginina) von 2005 präsentiert Eudenbach einen Hirschkopf – auf den ersten Blick als stolze Jagdtrophäe an der Wand. Nur mit den stechend funkelnden Augen des Hirsches stimmt etwas nicht: Schaut man genauer in die Pupille, sieht man hier einen Film laufen – und der lässt den Betrachter erschaudern, denn er sieht mit den Augen des lebendigen Hirsches genau das, was das Rotwild beim Laufen durch einen Wald sieht – oder vielleicht sogar bis zum Blattschuss gesehen hat?
Das frühe Ready-made Alarm clocks and rat traps von 1995 setzt sich aus zwei Rattenfallen zusammen, die mit jeweils einem Wecker verbunden sind. Die Uhren sind auf bestimmte Weckzeiten eingestellt. Dabei schlägt den Uhren im wahrsten Sinne des Wortes die letzte Stunde, wenn die Weckzeit erreicht ist: Die Fallen schnappen zu und zerschlagen die Wecker; ein humorvoller Hinweis auf den absurden Wunsch vieler, den Wecker, der allmorgendlich aus den schönsten Träumen reißt, brutal zum Verstummen zu bringen? Das Objekt Imperial wird zur subtilen Satire auf das chromblitzende und aufgemotzte Statussymbol Auto. So, wie andere ihre Blechkarossen tunen und mit barocken Hochglanzzierden veredeln, rüstet Eudenbach einen Teppichreiniger mit Chrombändern und magentafarbenen Neonlicht auf.
Ein großes bildnerisches Thema ist für den US-Künstler die Globalisierung und die weltweite Vernetzung durch Kommunikation und Transport. In dem Objekt Jetsam (2007), das in der Ausstellung nur als Foto präsentiert wird, hat er eine Flaschenpost der ganz besonderen Art am Meeresstrand platziert: Kein Brief befindet sich in der angespülten Plastikflache, sondern ein modelleisenbahngroßer Schiffscontainer von Hapag-Lloyd. Mit dem technisch ausgeklügelten Video Palindrome von 2008 überträgt Eudenbach das Prinzip der Zeichenkette, die von vorn und von hinten gelesen gleich bleibt, auf das Medium Film. Sein vertikal gespiegelter Film lässt in der Mitte wie aus einer Quelle unablässig Eisenbahntransportwaggons rollen – eine Anspielung auf den endlosen globalen Güterverkehr.
Die Welt als eng vernetztes Kommunikationssystem zeigt auch ein titelloses Objekt (1998) aus einer Kugel, die mit zahlreichen Zahnarztspiegeln gespickt ist. Wie Sendemasten ragen die Stiele aus der Kugel, wobei die aufeinander ausgerichteten Spiegel wie Sende- und Empfangsschirme wirken und die Informationen um die Weltkugel jagen. ... "
(Auszug aus: Thomas Kriegisch, Containertransport mit Flaschenpost. Grafschafter Nachrichten vom 27.10.2009)

Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen (dt./engl.), der die Ausstellung dokumentiert. Texte: Stefan Rasche, Elisabeth Wollek. Übersetzung: Liz Volk. Fotos: Helmut Claus.

Ausstellung und Katalog wurden gefördert durch das Land Niedersachsen, die Samtgemeinde Neuenhaus und die Old Dominion University in Norfolk, USA.

Front with Vogeluhr. Foto: Thiessen-Schneider
Front with Vogeluhr. Foto: Thiessen-Schneider
Odocoileus Virginanus, 2005
Odocoileus Virginanus, 2005
Alarm clocks and rat traps, 1995
Alarm clocks and rat traps, 1995
Imperial, 2005
Imperial, 2005
Palindrome, Time Transfixed (Ausstellungsansicht)
Palindrome, Time Transfixed (Ausstellungsansicht)
Palindrome (Detail), 2008
Foto:Eudenbach
Palindrome (Detail), 2008 Foto:Eudenbach
www.petereudenbach.com/quicktimes/table.html
Table
www.petereudenbach.com/quicktimes/table.html Table
Flotsam / Jetsam, 2007
Flotsam / Jetsam, 2007
Time Transfixed, 1995/2007
Time Transfixed, 1995/2007
Shoeboat, 2009
Shoeboat, 2009
Torch, 2006
Torch, 2006
Untitled, 1999
Untitled, 1999
Vogeluhr, 2009
Vogeluhr, 2009