Ausstellungen 2006
Jill Baroff, Stefana McClure
The Shape of Time
20. Mai bis 30. August 2006
Unter dem Thema "The Shape of Time" (Die Gestalt der Zeit) zeigten wir Papierarbeiten, Filme und Objekte von Jill Baroff (1954, USA) und Stefana McClure (1959, Irland). Beide Künstlerinnen stellten sich die Frage: Bewegt sich die Zeit kontinuierlich vorwärts oder wirbelt sie zurück in die Zukunft und vorwärts in die Vergangenheit?
In Stefana McClures films on paper wird stundenlanger übersetzter Dialog in Form von Film-Untertiteln, Zwischentiteln oder geschlossenen Untertiteln systematisch von einem satten monochromen Träger entfernt. Jeder Untertitel nimmt etwas Transfermaterial in Gestalt von Sprache weg und fügt so Information hinzu, indem er Materie abzieht. Jill Baroffs tide-drawings basieren auf Web-Daten zu den Meeresgezeiten, ihre Muster reflektieren Ebbe und Flut in verschiedenen Häfen auf der ganzen Welt. Die Zeichnungen stellen Ortsmuster dar: Abbildungen von Zeit und Geographie, wie sie normalerweise nicht sichtbar sind.
Die in gemeinsamer Arbeit entstandenen Videos kombinieren diese Arbeitsweisen: Three minute fuse ist eine gezeitenartige Bearbeitung der berühmten dreiminütigen ununterbrochenen Kamerafahrt, mit der Orson Welles´ Film "Touch of Evil" (Im Zeichen des Bösen) beginnt. Die packende Geschichte bewegt sich in der Zeit vor und zurück und wiederholt damit die Gezeiten des Pazifischen Ozeans an der Küste von Los Angeles, wo der Film gedreht wurde. Diese drei Minuten werden einem dreißigtägigen Gezeitenzyklus ausgesetzt und erreichen in der Mitte des Films ihren Höhepunkt mit der Kraft des Neumondes, welche die Geschichte in ein geradezu konvulsives Durcheinander versetzt. Den im Kunstverein vorgestellten individuellen Werk-Ensembles liegt die gleiche selbststrukturierende Methodik zugrunde, bei welcher die visuelle Form durch den Arbeitsprozeß entsteht und bestimmt wird. Informationen, in Form von Daten oder Sprache, stellen das Rohmaterial; eine Reihe sich wiederholender Ereignisse oder Gesten fügen schließlich das Bild zusammen.
Beider Künstlerinnen Werk ist von dem gemeinsamen Interesse an konzeptuellem Arbeiten, Verarbeiten von Informationen und Materialien geprägt, und obwohl sich die Arbeiten, individuell gesehen, jeweils in eine andere Richtung bewegen (die eine tendiert ausgesprochen zu Sprache und Text, die andere zu einem eher konkreten Ansatz), werden doch Verwandtschaften sichtbar, wenn man sie nebeneinander stellt.
Zur Ausstellung ist im Modo Verlag Freiburg ein Katalog mit einem Text von Markus Weckesser erschienen.
Die Ausstellung wird gefördert vom Land Niedersachsen und der Stadt Neuenhaus.